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Ausstellung in der Neuen Galerie Landshut

 

Landshuter Zeitung
vom Freitag, den 13.05.2005, ein Artikel von Anke Humpeneder

 

Nachwachsende Rohstoffe
Sinnesobjekte von Peter Frisch und Alexandra Hendrikoff in der neuen Galerie Landshut.

 

Seit das bloße Abbilden der Natur für die Künstler uninteressant geworden ist, eröffnen sich mehr und mehr Möglichkeiten, hinter ihren schönen Augenschein zu blicken, ihren Wirkprinzipien nachzuforschen, zu dokumentieren, zu sammeln oder verändernd in sie einzugreifen. Eine Art “forschendes Nachspüren” nannte die Laudatorin den ganz subjektiven Zugang, den Alexandra Hendrikoff und Peter Frisch zur Natur gefunden haben. Das prädestiniert die beiden auch dazu, gemeinsam auszustellen, wie jetzt in der Neuen Galerie Landshut. Beider Nähe zur Natur findet auf mehreren Ebenen statt: In der Wahl der Materialien, in ihrem Additiven Zusammenbau, im Schichten und Ineinanderflechten und nicht zuletzt in der sinnlichen Erscheinung der fertigen Werkstücke. Beide also bauen.

 

Frisch tut dies vor allem mit Holz: er sägt aus und steckt zusammen, bestreicht mit Bienenwachs, fügt ineinander. Was aussieht, als wenn es auch gewachsen sein könnte, ist sorgsam von ihm bearbeitet: trockenes Holz wird spröde und faserig, indem er in dichter Regelmäßigkeit Löcher hineinbohrt, dünne Stäbe und dicke Wülste, bauchige Ausformungen und schmale Einschnürungen reiht er zu mannshohen Stäben, dürre Zweige und von den Fahnen befreite Federkiele steckt er wie lange Stacheln ins Holz. Raum einnehmend legt er wie einen großen Reisighaufen die Installation der "Schlüsselstäbe" auf den Galerieboden, ineinander gesteckt lässt er die 23 mit Bienenwachs überzogenen Stäbe kreuz und quer in ihre Umgebung ragen, wie ein nicht zu entwirrendes Mikadospiel. Drumherum legt er ausgehöhlte Kugelformen mit dunklen Höhlen im Inneren oder mit wehrhaften Stachelkanten an den Rändern auf Boden und Fenstersimse.

 

Auch Alexandra Hendrikoff baut zusammen, was sie gesammelt hat, doch sind ihre Materialien leichter. Aus Transparentpapier und Leim oder aus Holz oder aus allem zusammen errichtet sie ein Tragegerüst, auf das sie in Feinstarbeit Grassamen und Löwenzahnschirmchen appliziert: Grassamen ergeben fedrige Kanten, und wirken dort wie Pelzbesatz, und die Innenräume Kugeliger Gebilde werden für das Auge mit fedrigen Löwenzahnsamen ausgepolstert wie die Gebärmutter für den Embryo. Filigrane Stickereien auf transparenter Gaze integrieren sich mühelos ins hingehauchte Werk, verknüpfen sich mit dem Untergrund, werfen ihre Schatten darauf und stellen weitere tiefenräumliche Schichten her. Bevorzugte Form solcher Garnarbeiten sind Kreise verschiedener Größe, die dicht an dicht zu blubbernden Schaumblasen aufzuquellen scheinen, und auch hier eine Nähe zu natürlichen Phänomenen wie etwa zu Zellteilung und Wachstum, zu Quallen und Froschlaich, zu Keimung und Fruchtbarkeit herstellen.

 

"Noetische Hand Arbeiten" nennt die Künstlerin ihre Werkreihe nach der Noetik, einer Art angewandten Logik, der zufolge Erkenntnis nicht nur auf richtigem Denken fußt, sondern auch auf wahrem Erkennen. Und möglicherweise birgt die in hohem Maße meditative Beschäftigung mit den kleinen Bestandteilen der Natur auch Erkenntnismöglichkeiten für intellektuell nicht lösbare Fragen, ähnlich denen, die im Koan der Zen-Schulen den Schülern zum Nachdenken aufgegeben werden. Nehmen wir die Rätsel der Natur, die sich jenseits wissenschaftlicher Forschung und Beantwortbarkeit stellen, so könnte diese meditative Beschäftigung mit der Materie und vielleicht auch die entsprechende Kunstbetrachtung eine Möglichkeit sein, zu Erkenntnissen jenseits der Ebene logischer Aussagen zu kommen.
Dazu gehört auch, dass der Zugriff auf die Natur sensibel erfolgt: die nicht verwerteten Reste der Vorjahresernte , wenn schon wieder frische Pusteblumen auf der Wiese stehen, streut Alexandra Hendrikoff wieder aus, um nichts unnötig aus der Natur zu holen.

 

Anke Humpeneder
Landshuter Zeitung vom Freitag, den 13.05.2005